Neuer Stall, aber der alte Orientierungssinn
Du kennst das Gefühl sicherlich noch genau. Der erste Tag in deinem neuen Stall beginnt. Du begegnest vielen neuen Menschen und bist natürlich bemüht einen guten Eindruck zu hinterlassen, damit du möglichst schnell in die bestehende Gemeinschaft aufgenommen wirst. Auch dein Pferd ist unruhig und benötigt Zeit, sich an die veränderten Umstände zu gewöhnen.
Genauso erging es mir. Und um so froher war ich, dass ich nach dem ersten Rundgang um die Ställe mein Wallach Sternchen satteln konnte. Wir beide mussten erst einmal die Nervosität und angestaute Energie loswerden. Endlich konnten wir wieder richtig zusammen durchatmen, ich tätschelte seinen Hals und bemerkte, wie fröhlich auch er vor sich hin trabte. Der ganze Tag in der Transportbox war nun endlich vergessen und wir begannen die neue Umgebung zu entdecken. Ich wusste jetzt schon, dass die Entscheidung für diesen Hof die richtige gewesen war. Von hier aus gab es drei weitläufige Waldgebiete, die auch bereits aus der Sicht von Google Earth traumhaft aussahen. Wie schön waren sie erst jetzt! Und nach fünf Minuten begegneten uns die ersten kleineren Tiere. Aber sonst war es sehr ruhig, wir sahen keine Menschen, geschweige denn Reiter.
Der erste Waldteil war voll von Kiefern, jetzt breiteten sich immer mehr Laubbäume aus. Wir ritten ungewöhnlich lang und versunken durch die Waldwege, bis es anfing zu tröpfeln. Bei dem bisherigen milden Herbstwetter hatte ich nur mein Baumwollshirt über gezogen. So fröstelte es mich und wir kehrten um. Doch nach einigen Minuten fragte ich mich, wo der Kiefernwald geblieben war. Die Wege glichen sich wie ein Ei dem Anderen. Auch nach zehn weiteren Minuten hatte ich keinen Anhaltspunkt, wo wir sein könnten. Ich verfluchte mich für meine Unbeschwertheit und plötzlich wurde mir die Menschleere des Waldes unheimlich. Weitere zehn Minuten später begann Sternchen zu spüren wie angespannt ich war, seine Ruhe erstaunte mich. Unser alter Hof hatte nicht so weitläufige Ausrittmöglichkeiten bieten können, dabei hatte ich nie bemerkt, wie schlecht mein Orientierungssinn war. Doch der Ruhe Sternchens folgend, lockerte ich die Zügel und er verstand sofort, dass es nun an ihm lag den Rückweg zu finden. Und es war unglaublich wie zielgerichtet und problemlos er uns wieder zurück führte. Auf dem Hof erwarteten uns schon zwei etwas besorgte Frauen, die mich dann herzlich zu einem heißen Tee ins Reiterstüble einluden.
Ich wünsche dir genau so eine herzliche, vertrauensvolle Begrüßung durch dein Pferd und den Hof, wie ich sie erleben durfte!